Schwäbisch Hall unter den 10 besten Teams Europas

Am zweiten Tag des Online-Frauen-Europacups wurden die restlichen Runden der Vorrunde gespielt. Die Berichte zu den Runden kommen jetzt chronologisch, heute gibt es keine Ablenkung durch die Fußball-Bundesliga. Das Team des SK Schwäbisch Hall gewann alle heutigen Matches klar und steht damit in dem der Champions-League vergleichbaren Turnier in der Endrunde der besten 10 Teams Europas. Egal wie die superstark und ausgeglichen besetzte Endrunde ausgeht, ist das schon ein Riesenerfolg für den SK Schwäbisch Hall. Jetzt zu den Runden von Tag 2 im Einzelnen.

Qualifiziert haben sich die folgenden Teams, in Klammern jeweils der Eloschnitt: Trembley (FRA, 2334), Monte Carlo (MON, 2511), Kiev (UKR, 2483), Poland Hussars (POL, 2324), UGRA (RUS, 2428), Hello Sakk (HUN, 2359), Volgograd (RUS, 2427), Odlar (ASE, 2378), Schwäbisch Hall (GER, 2425), Clichy (FRA, 2421)

Hier noch die wichtigsten Links: Ergebnisse bei Chess Results, alle Partien bei Tornelo, Live-Kommentar bei Twitch,

Runde 5: In der 5. Runde ging es für Schwäbisch Hall gegen das noch ungeschlagene rumänische Team aus Timisoara, das aber bisher nur gegen Mannschaften der zweiten Tabellenhälfte gespielt hat. Die Haller Damen wurden ihrer Favoritenrolle gerecht und gewannen 3,5-0,5. Lela Javakhishvili hatte mit Elena Luminita Cosma die stärkste Gegnerin und spielte aufgrund einer Unkonzentriertheit im Endspiel remis, alle anderen Spielerinnen gewannen. Karina Ambartsumova fand dabei ein schönes Matt nach einem Springeropfer. Interessant wieder die Twitch-Live-Kommentierung von GM Marcin Tazbir (POL) und WGM Keti Tsatsalashvili (GEO). Nachdem Keti gestern Probleme mit der Aussprache des Vereinsnamens Schwäbisch Hall gehabt hatte, machte sie es diesmal besser, sie erwähnte dabei ihren Facebook-Austausch mit Mario Meinel am Vorabend zu diesem Thema, der sie aufgefordert hatte, es doch nochmal zu versuchen, offensichtlich hat sie heute Nacht geübt. Die beiden Kommentatoren haben übrigens dieses Wochenende volles Programm, am Abend findet ja noch das Finale der Online-Blitz-EM statt, bei der Matthias Blübaum das Halbfinale erreicht hat und da auf Alexej Shirov trifft.

In Gruppe E sieht es jetzt nach einem Durchmarsch der Favoriten Clichy und Schwäbisch Hall aus – das französische Team kommt ins Rollen, Ekaterina Atalik und ihr türkisches Team Anatolia Red wurden 4-0 geschlagen.

Zoom-Scrrenshot aus der 5. Runde, Deimante (oben) pausierte in der ersten Runde und konnte sich diese entspannt ansehen

Runde 6: Schwäbisch Hall spielt sich in der Gruppe quasi von oben nach unten und bekommt damit die nominell schwächsten Gegner zum Schluss. In der 6. Runde wartete das lettische/schwedische Team Wasa mit einer prominenten Spielerin an Brett 1. Dort spielte die ehemalige lettische Finanzministerin Dana Reiznice Ozola, mit der es wahrscheinlich auch in der nächsten Frauenbundesliga-Saison ein Wiedersehen gibt, spielt sie doch dort für Aufsteiger Löberitz. Trotz ihrer politischen Karriere setzte die 4-fache Mutter ihre aktive Schachlaufbahn fort. Bekanntheit erreichte sie, als sie vor einigen Jahren die unumstrittene Weltranglistenerste Hou Yifan bei der Schacholympiade schlagen konnte. Nur mal zum Vergleich: man stelle sich vor, unser Finanzminister Olaf Scholz würde in einer Schach-Turnierpartie Weltmeister Magnus Carlsen schlagen. Lela war aber heute zu stark, sie gewann ihre Partie gegen die schachspielende Politikerin. Am Ende gab es ein eindeutiges 3,5-0,5, aber so glatt, wie es aussieht war es nicht. Deimante Cornette stand auf Verlust, doch ihre nominell deutlich schwächere Gegnerin fand den richtigen Gewinnweg in einer scharfen Angriffsstellung nicht und verlor. Offenbar traute sie sich nicht, einen ihrer Springer in den gegnerischen Damenflügel zu opfern, hätte sie das getan, wäre für Deimante nicht mehr viel zu machen gewesen. Auch Karina Ambartsumova tat sich gegen eine Gegnerin mit fast 700 Elo-Punkten weniger schwer und gewann erst spät im Endspiel, nachdem die Stellung lange Zeit ausgeglichen war. In der Tabelle liegen Schwäbisch Hall und Clichy nach wie vor vorne (ich kann es mir nicht verkneifen: mit dem Namen Clichy verbinde ich bisher nur einen den Älteren unter uns geläufigen soft-erotischen Film namens “Stille Tage in Clichy”).

Runde 7: Gegner war das albanische Klubi i Kampioneve, und hier war die Favoritenrolle eindeutig verteilt, trennten doch beide Teams im Durchschnitt um die 500 Elopunkte. Und am Ende gab es auch ein glattes 4-0.

Clichy und Schwäbisch Hall trennt an der Spitze jetzt nur noch ein halber Brettpunkt, beide haben jetzt drei Punkte Vorsprung auf die Verfolger, da sich Hamburg und Timisoara 2-2 trennten. Damit sollte die Vorentscheidung gefallen sein und sich beide klar für die Endrunde qualifizieren.

Die Schiedsrichterin

Die Schiedsrichter im Zoom-Call des Turniers hatten das Turnier voll im Griff, sie müssen sich ja nicht nur darum kümmern, dass die Aufstellungen und Ergebnisse da sind, sondern immer wieder auch darauf hinweisen, wenn jemand zu Rundenbeginn vergessen hat, das Bildschirm-Teilen oder die Kamera einzuschalten. Übrigens wird das Turnier zwar online ausgetragen, aber doch “klassischer” als viele andere Online-Turniere ausgetragen. Ziehen darf man nämlich erst nach dem Zug des Gegners, die Möglichkeit des Pre-Moves zum Gewinnen von Zeit, die es bei vielen Online-Turnieren mit kurzer Bedenkzeit gibt, besteht nicht. Beim Pre-Move wird der nächste Zug am Rechner schon ausgeführt, bevor der Gegner gezogen hat. Ist es kein unmöglicher Zug, wird er ohne jeden Zeitverlust durchgeführt.

Runde 8: Jetzt ging es gegen Gambit Asseco – hier musste ich erstmal nachsehen, wo das Team her stammt, nämlich aus Mazedonien. Wieder war die Favoritenrolle klar, und Schwäbisch Hall ließ auch wenig anbrennen, die Gegnerinnen an Brett 3 und 4 machten es ihren Gegnerinnen aber auch einfach, sie stellten nämlich jeweils einzügig Material ein. Am Ende gab es ein weiteres 4-0, jetzt ist man im Fernduell mit Clichy knapp vorne, was aber nur für die Statistik wichtig ist, da beide schon vor der letzten Runde für die Finalrunde qualifiziert sind und die Platzierung keine Rolle spielt. Bei Clichy verlor Alexandra Kosteniuk ihre Partie gegen eine nominell deutlich unterlegene Gegnerin. Offenbar passierte ihr ein sogenannter Mouse-Slip, ihr Turm zog ein Feld weiter als vermutlich gewollt und war dann einfach weg.

Runde 9: In der letzten Runde ging es noch gegen das englische Team “She Plays to Win”. Das Gewinnen hat das Team aber bisher nicht geschafft, auf der Habenseite standen bislang nur zwei Unentschieden. Und mehr wurde es in der letzten Runde auch nicht, am Ende stand noch ein 4-0 zum Abschluss.

Hier die Abschlusstabelle der Vorrundengruppe E:

Am 21.12. und 22.12. (Montag und Dienstag) geht es für die Haller Damen jeweils um 14:30 weiter mit der Endrunde. Diese verspricht extrem spannend zu werden, sind doch die Unterschiede zwischen den einzelnen qualifizierten Teams nicht groß, die Tagesform wird entscheiden. Die besten 10 Teams spielen im Round-Robin-Modus den Titel untereinander aus. Am 23.12. um 18:00 gibt es dann noch eine Online-Abschlusszeremonie mit virtueller Pokalübergabe.

Die anderen beiden Bundesligateams aus Hamburg und Bad Königshofen verpassten den Einzug in die Endrunde, sie wurden in ihrer Gruppe jeweils Dritter.

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